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Über die Parteigrenzen hinweg genoss Romer hohe Wertschätzung.
Trauer um Franz Romer: Am Freitag ist der Laupheimer Ehrenbürger im Alter von 81 Jahren verstorben. Nach einem Herzstillstand am Montagabend im Sportheim des SV Sulmetingen war er ins Ehinger Alb-Donau Klinikum eingeliefert worden. Als Ortsvorsteher von Untersulmetingen, Stadt- und Kreisrat hat der Christdemokrat das kommunalpolitische Geschehen nachhaltig geprägt und zur guten Entwicklung in seiner Heimat beigetragen. Im Deutschen Bundestag genoss er als „Mann des Volkes“ über Parteigrenzen hinweg hohe Wertschätzung.
An seinem Lieblingsplatz, dem Wintergarten seines Hauses unweit der Riß, konnte Franz Romer angelegentlich erzählen. Sein Vater fiel im Krieg, fünf Monate vor der Geburt des Sohnes. Die Mutter trieb das landwirtschaftliche Anwesen um; von ihr habe er wohl den Blick für Andere geerbt, vermutete der „Fra“. Er lernte Industriemechaniker bei Uhlmann, war Hornist bei den „Rißtalern“, schoss Tore für den SV Sulmetingen, heiratete seine Paula und zog vier Kinder mit ihr auf.
In „seinem“ Sportheim Herzstillstand erlitten
An seinem zweiten Herzensplatz, der Vereinsgaststätte des SV Sulmetingen, hatte Romer am vergangenen Montagabend im Kreise von Freunden einen Herzstillstand erlitten. „Es ist da passiert, wo es passieren musste“, sagte Sohn Edgar Romer. Im Familienkreis sei mehrfach gewitzelt worden, dass sein Ende den leidenschaftlichen Anhänger des SVS irgendwann im Mittelkreis des Sulmetinger Sportplatzes ereilen würde.
Passion für den perfekten Rasen
Denn der perfekte Rasen für seine Mannschaft, das war nach der politischen Karriere die große Leidenschaft von Franz Romer. Mit einem Team aus Senioren kümmerte sich der „Fra“ mit Passion und Sachverstand um das Spielfeld. „Die WFV-Rasentage waren Fixtermine im Jahreskalender“, so Sohn Edgar.
Teils mehrmals täglich habe er auf dem SV-Sportgelände vorbeigeschaut, um im „OsUs“ oder auf dem Sportplatz nach dem Rechten zu sehen. „Nur Kicken geht halt nicht mehr“, hatte Romer lachend an seinem 80. Geburtstag bedauert.
Anpacken, sich einsetzen und kümmern, das war für Franz Romer zeitlebens Leitmotiv. Nachdem er 1964 zur Firma Lindenmaier in Untersulmetingen gewechselt war, zog er 1978 in den Betriebsrat ein, drei Jahre später trugen sie ihm den Vorsitz an. Im Arbeitnehmerflügel der CDU wuchs ihm Reputation zu. 1989 auf der Landesliste für den ersten gesamtdeutschen Bundestag nominiert, schaffte er den Sprung ins Parlament.
Stolz, die deutsche Einheit im Bundestag begleiten zu dürfen
Er war stolz darauf, den Weg zur deutschen Einheit von dieser Stelle begleiten zu dürfen. 1994 blieb ihm die Wiederwahl verwehrt, doch zwei Jahre später rückte er für den verstorbenen Abgeordneten Rainer Haungs aus dem Wahlkreis Emmendingen-Lahr nach.
Anschließend gewann er dreimal das Direktmandat im Wahlkreis Biberach; 2002 fuhr er mit 57,7 Prozent der Stimmen das deutschlandweit zweitbeste Ergebnis für die CDU ein und war Spitzenreiter im „Ländle“.
Beharrliches Wirken im Arbeits- und Sozialausschuss
Bodenhaftung blieb auch im Bonner und später im Berliner Politgetriebe sein Markenzeichen. Mochten andere ins Rampenlicht drängen - Romers Ding als Abgeordneter war das sachkundige, beharrliche Wirken im Hintergrund, besonders im Arbeits- und Sozialausschuss.
Dort focht er für seine Überzeugungen, als Anwalt der arbeitenden Bevölkerung, und sein Wort hatte Gewicht, denn er wusste, wovon er sprach. Mit Vergnügen erinnerte sein Parteifreund Alois Graf von Waldburg-Zeil, wie der Praktiker aus Untersulmetingen in hochtheoretische Gefilde entschwebende Diskussionen auf den harten Boden der Wirklichkeit zurückzuführen wusste.
Wer das Glück hatte, von ihm durch das Reichstagsgebäude geführt zu werden, stellte fest, dass er jeden Saaldiener, jede Reinigungskraft mit Namen kannte und Zeit für ein paar Worte fand. Ihm seien diese Leute immer wichtig gewesen, betonte Romer - „die haben’s doch auch nicht leicht“. Dem Chef einer Zeitarbeitsfirma, der einer Garderobenfrau kündigen wollte, drohte er mit einer Großen Anfrage im Parlament, „wie hier mit dem Personal umgesprungen wird“. Die Frau behielt ihren Job. Zum Abschied aus Berlin schmiss er ein Fest für die guten Geister vor und hinter den Kulissen.
Über vier Jahrzehnte die Kommunalpolitik geprägt
Grundlage all dessen war, dass er den Draht zur Basis nie verlor. Nicht nur der eigenen Partei schrieb er ins Stammbuch: „Bevor jemand in den Bundestag geht, sollte er einen Beruf gelernt haben und ein paar Jahre in der Kommunalpolitik tätig gewesen sein. Da kriegt man mit, was die Leute bewegt.“
In seinem Fall waren es Jahrzehnte: Von 1975 bis 2018 wirkte er ehrenamtlich als Ortsvorsteher in Untersulmetingen, von 1975 bis 2019 als Laupheimer Stadtrat; 26 Jahre gehörte er dem Biberacher Kreistag an. In den Sitzungen konnte er hartnäckig für seinen Standpunkt argumentieren. Uferten Debatten aus, fasste er zusammen, drängte auf eine Entscheidung - und war durchaus auch kompromissbereit.
Romer war rastlos unterwegs, bestens vernetzt und informiert und auch auf kommunaler Ebene Fürsprecher für die sozialen Belange von Menschen, die sich schwertun, Gehör zu finden. Für sein Engagement wurde er mehrfach ausgezeichnet. „Sie sind immer für die Menschen da“, lobte Landrat Heiko Schmid 2015 anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. 2017 erkannte der Laupheimer Gemeinderat Romer die Ehrenbürgerwürde zu. 2019 überreichte ihm Bischof Gebhard Fürst den Silvesterorden, die höchste päpstliche Auszeichnung, die katholischen Laien zuteil wird.
Den politischen Rückzug selbst bestimmt
Den Zeitpunkt, seine politischen Ämter niederzulegen, hat Franz Romer jeweils selbst bestimmt - auch dies keine kleine Kunst. Er erfreute sich an seiner Familie und den zehn Enkelkindern. Und war nach wie vor am politischen und kulturellen Leben Laupheims hochinteressiert. Noch vor wenigen Tagen sah man ihn beim Neujahrsempfang der Stadt, bei der Jubiläumsfeier des Seniorenclubs und in der neuen Dauerausstellung des Museums.
Wenn man Franz Romer in der Stadt oder bei einem der offiziellen Termine traf und man sich nach dem Befinden erkundigte, dann lautete die mit einem Lächeln untermalte Antwort stets: „Bestens, in dem Alter muss man zufrieden sein.“ Der Vater habe nie zum Pflegefall werden wollen, „das stand für ihn absolut fest“, erklärte Sohn Edgar. Am Freitag verstarb Franz Romer in Ehingen im Kreis seiner Familie, mit dem schwarz-gelben SVS-Schal an seiner Seite. Er wird fehlen.
Stimmen zum Tod von Franz Romer
Ingo Bergmann, Oberbürgermeister von Laupheim: „Ich habe Franz Romer zuletzt bei der Ausstellungseröffnung gesehen. Wenn man ihm begegnete, dann freute man sich. Sein Tod macht mich traurig, das ist ein persönlicher Schock und ein großer Verlust für die Stadt. Franz Romer hinterlässt eine wahnsinnig große Lücke. Er war ein unglaublich beliebter Politiker, er hat sich eingemischt und engagiert und so die Politik und das gesellschaftliche Leben geprägt.“
Carmen Böhringer, Ortsvorsteherin Untersulmetingen: „Als Nachfolgerin von Franz Romer war es klar, dass ich in unglaublich große Fußstapfen treten muss. Doch er hat es mir einfach gemacht und mich und die Ortsverwaltung immer unterstützt. Franz Romer war ein großmütiger Mensch, der sich für jeden eingesetzt hat und versuchte, alles möglich zu machen. In seinen 43 Jahren als Ortsvorsteher hat er das Dorf geprägt und die großen Weichen für Untersulmetingen gestellt.“
Elmar Dehler, Vorsitzender SV Sulmetingen: „Der Tod von Franz Romer ist sehr traurig, er reißt bei uns im Verein ein riesiges Loch. Der Franz hatte ein schwarz-gelbes Herz, der SVS war neben seiner Familie seine zweite Heimat. Als Mitglied im OsUs-Team oder bei der Platzpflege hat er sich mit Herzblut um das Sportgelände gekümmert. Ich verliere zudem einen väterlichen Freund, der mir als junger Ortsvorsteher und auch im Verein immer mit Rat und Tat zur Seite stand.“
Josef Rief, CDU-Bundestagsabgeordneter: „Der Landkreis Biberach verdankt Franz Romer enorm viel. Für die Raumschaft Biberach, aber auch als Sozialpolitiker in der Bundespolitik hat er nachhaltige Spuren hinterlassen und sich bleibende Verdienste erworben. Er hatte ein enorm hohes Ansehen in Berlin, von der Ministerialverwaltung bis zur Garderobenfrau. Auch ich verdanke Franz Romer persönlich viel. Wir waren uns über die Jahre immer freundschaftlich verbunden und allein sein Name hat mir als Nachfolger in Berlin Türen geöffnet, dafür bin ich ihm bis heute dankbar.“
Text von Roland Ray, Thomas Werz
© Schwäbische Zeitung, Ausgabe Biberach und Laupheim vom 4.2.24