Von Gerd Mägerle - Biberach
Auch in den kommenden fünf Jahren wird der Wahlkreis Biberach im Stuttgarter Landtag durch Thomas Dörflinger vertreten. Der CDU-Abgeordnete schaffte es mit 34,1 Prozent den hohen Verlusten seiner Partei im Land zu trotzen und das Mandat zu behalten. Grünen-Newcomer Robert Wiest konnte mit 28,9 Prozent den Abstand zur CDU immerhin verkürzen. Ob er es über ein Ausgleichsmandat möglicherweise noch in den Landtag schafft, stand zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest. Die stärksten Verluste musste die AfD hinnehmen, die bei 10,0 Prozent landete. Die Wahlbeteiligung war mit 65,2 Prozent schlechter als vor fünf Jahren (71,3).
Thomas Dörflinger hatte in den vergangenen Tagen wohl selbst Zweifel, ob er das CDU-Mandat im Wahlkreis Biberach würde verteidigen können. Die unpopuläre Spitzenkandidatin und die Maskenaffäre sorgten zum Wahlkampffinale für reichlich Unruhe hinter den Kulissen. Dörflinger setzte im Schlussspurt auf einen rein auf seine Person zugeschnittenen Wahlkampf und verwies auf seine Arbeit der vergangenen fünf Jahre. Zwar lieferte er sich zu Beginn der Auszählung auf Wahlkreisebene ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Grünen-Kandidat Robert Wiest, setzte sich aber schließlich doch deutlich mit 34,1 Prozent durch. Während beide in den Städten im Kreis oftmals nahezu gleichauf lagen - mit Vorteilen für Wiest in Biberach und Bad Schussenried - holte der aus Ummendorf stammende Dörflinger seinen Stimmenvorsprung hauptsächlich in den Gemeinden. Somit behält er - im Gegensatz zu seinem CDU-Kollegen im Nachbarwahlkreis Wangen - sein Direktmandat. Ob Dörflinger allerdings mit der CDU wie bisher mitregieren darf oder auf der Oppositionsbank Platz nehmen muss, dürften die nächsten Tage zeigen.
Zufrieden sein darf Robert Wiest (Erlenmoos) mit seinem Ergebnis. Bei seiner ersten Kandidatur holte der Grüne im Wahlkreis 28,9 Prozent. Damit liegt er nur knapp hinter dem Ergebnis von Grünen-Urgestein Josef Weber, der vor fünf Jahren 29,4 Prozent holte - und das, ohne wirklich direkt bei den Wählern für sich werben zu können.
Die Strategie, die Wut und Enttäuschung mancher Wähler in der Corona-Pandemie für sich zu nutzen, ist für die AfD auch im Wahlkreis Biberach nicht aufgegangen. Sie verlor ähnlich stark wie im Land und erzielte im Wahlkreis 10,0 Prozent.
Weiter auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit ist die SPD im Wahlkreis Biberach. Waren schon die 7,4 Prozent vor fünf Jahren ein Debakel, rangiert sie mit 5,8 Prozent nun nur noch knapp oberhalb der Fünf-Prozent-Marke. Wie schon Stefan Gretzinger vor 2016, blieb diesmal auch Bettina Weinrich blass. Offenbar verfügen die Genossen außer ihrem Bundestagsabgeordneten Martin Gerster im Landkreis momentan über niemanden, der in er Lage ist, für die Partei wieder zweistellige Ergebnisse einzufahren.
Freuen darf sich dagegen die Biberacher FDP-Kandidatin Hildegard Ostermeyer. Mit 8,1 Prozent schaffte sie es nicht nur, im Wahlkreis Biberach an der SPD vorbeizuziehen, sie verbesserte das Ergebnis der Liberalen im Vergleich zu 2016 (7,2 Prozent) leicht.
Unter den sonstigen Parteien schafften es die Freien Wähler und ihrem Kandidaten Oliver Lang auf 3,3 Prozent. Die Kommunalpolitiker Ralph Heidenreich (Linke) und Norbert Huchler (ÖDP), die für ihre Parteien in den Landtagswahlkampf gezogen waren, schafften es jeweils knapp über die zwei Prozent.
Gespannt durfte man sein, wie die Parteien abschneiden würden, die sich aus dem Umfeld der Corona-Skeptiker formiert hatten, darunter „Die Basis“ und „Wir 2020“. Für den Wahlkreis Biberach darf man konstatieren, dass für beide ein Potenzial momentan nicht vorhanden ist - sie kommen zusammen gerade einmal auf rund zwei Prozent.
Schwäbische Zeitung, Ausgabe Biberach vom 15.3.21