Lins beklagt fehlende Lobby des ländlichen Raums

05.09.2023

Sommertour des CDU-Europaabgeordneten Norbert Lins macht Station in Ochsenhausen (+ Fotos ©privat)

Von Michael Mader
Ochsenhausen


Im Juni nächsten Jahres sind nicht nur Kommunalwahlen, sondern es wird auch in Europa gewählt. Wiedergewählt werden will von den Menschen in Oberschwaben dabei Norbert Lins aus Pfullendorf, der seit 2014 für die CDU im Europaparlament sitzt. Auf einer Sommertour im Wahlkreis hat er auch dem Landkreis Biberach einen Besuch abgestattet.

Der Tag begann mit einer Besichtigung und einem Gespräch bei der Firma Schurr Gerätebau in Dentingen bei Uttenweiler, danach folgten kurze Visiten beim Seniorenzentrum „Sofie Weishaupt“ des ASB in Schwendi und dem Blutspende-Team in Schwendi. Am Abend traf Norbert Lins in Begleitung des CDU-Bundestagsabgeordneten Josef Rief Menschen aus und um Ochsenhausen und hielt dort ein Impulsreferat zum Thema „Deutschland wieder der kranke Mann Europas?“ Die Resonanz hielt sich allerdings in Grenzen. Knapp 30 Personen, meist mit CDU-Parteibuch und der reiferen Generation angehörend, wollten Lins im Hotel Mohren hören und mit ihm diskutieren.

Lins wandelte den Titel seines Vortrags dahingehend um, dass er Deutschland auf dem Weg in die Krankheit sehe, das aber mit erhöhtem Tempo. Der 45-jährige, vierfache Familienvater versuchte dies mit aktuellen Entscheidungen der Ampelregierung in Berlin zu belegen. So etwa die Wirtschafts- und Energiepolitik der Bundesregierung, aber auch die Migrationspolitik, die von Ideologen der Grünen in Berlin und Brüssel getrieben sei, so Lins. Die Arbeitslosigkeit habe in diesen Monaten wieder zugenommen, die Wirtschaft stecke in einer Rezession, wenn man sich die Wirtschaftsdaten der vergangenen Quartale genau anschaue. Der Arbeitsmarkt sei zwar noch stabil, aber absolut in Gefahr. Zudem sei der Fachkräftemangel inzwischen in allen Branchen zu spüren.

Besonders deutlich sei die falsche Politik der Bundesregierung und vor allem von Wirtschaftsminister Robert Habeck im Energiesektor. Das vorgeschlagene Heizungsgesetz sei Murks gewesen und habe die Bevölkerung massiv verunsichert bis verängstigt, sagte Lins. Dank der Intervention der FDP, aber auch der CDU sei das Gesetz angepasst worden und jetzt einigermaßen tragfähig. Zudem sei die Entscheidung, die drei verbliebenen Atomkraftwerke im April dichtzumachen, falsch gewesen. Jetzt müsse man teilweise teuren Atomstrom importieren. Andere Staaten in der Europäischen Union (EU) wie beispielsweise Belgien hätten ihre Energiepolitik der neuen Situation - verursacht durch den Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine - angepasst und trotz gegenteiliger Beschlüsse vorheriger Jahre jetzt ihre Atommeiler weiterlaufen lassen. Lins forderte Bundeskanzler Olaf Scholz auf, endlich ein Machtwort zu sprechen, endlich Führung zu übernehmen. Seine Rede vor dem EU-Parlament nach dem EU-Beschluss des Verbrenner-Aus beim Auto sei so langweilig gewesen, dass er sich fast habe fremdschämen müssen als deutscher Abgeordneter. Zudem habe er eben den Eindruck, dass der ländliche Raum, den er ja vertritt, keine Lobby habe in Berlin und auch in Brüssel. Der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir erzähle viel, mache aber wenig. Seit 2019 ist Lins Vorsitzender des Agrarausschusses der EU in Brüssel und er kenne die Herangehensweise von Özdemir besser und näher als viele andere.
Landwirtschaft war auch ein zentrales Thema in der anschließenden Diskussion. Zu viel Bürokratie, zu viele Verordnungen und Regulierungen wurden auch von anwesenden Landwirten beklagt, Wenn es so weitergehe, werde die deutsche und damit auch die baden-württembergische Landwirtschaft große Probleme bekommen. Gerade kleine und mittlere Höfe würden dann aufgeben müssen. Lins nannte in diesem Zusammenhang die aktuelle Pflanzenschutzverordnung, die ein Unding sei.

Das zweite zentrale Thema der Diskussion war die Flüchtlingspolitik. Die Bevölkerung sei am Ende, in ihr brodle es, wurde mehrfach angemerkt. Die CDU sei nicht oder zu wenig sichtbar im Parlament. Deshalb würden sich viele Richtung AfD abwenden. Der Vorschlag eines Volksentscheids zu dieser Frage wurde von Lins und Rief abgelehnt, denn dies würde eine weitere Aushöhlung der Befugnisse des Parlaments bedeuten und die Demokratie gefährden. Der jetzt gefundene Asylkompromiss in Europa, der auch von Ministerin Nancy Faeser (SPD) unterstützt wird, sei ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gewesen, der allerdings nach wie vor von grünen Ideologen bekämpft werden würde. Das unterscheide eben auch die Grünen von der CDU. Die Grünen stünden für Verzicht und Verbote, die CDU für Selbstbestimmung und Innovation, fasste Lins zusammen.

 

© Copyright SCHWÄBISCHE ZEITUNG, Ausgabe Biberach vom 5.9.2023